Khatgal und die erste Reitstunde

von Edith

Ankunft in Khatgal

Wir verlassen das völlig verregnete Ulaanbaatar. Mit dem Nachtbus brechen wir Richtung Norden auf. Und, wie scheinbar überall auf dieser Welt, stoppt der Bus zur längeren Pipi- und Essenspause an einem „Rasthof“. Mitten im Nichts. Toiletten, mehrere Shops, dazu ein, zwei Restaurants. Als besonderes Highlight dieses Zwischenstopps ist aber die Perfomance eines jungen Mannes zu erwähnen, der für die Reisenden an diesem skurrilen Ort mongolischen Livegesang darbietet. Etwa 14 Stunden und fast 700 km später erreichen wir Mörön, südlich des Khövsgöl Nuur National Parks und des gleichnamigen Sees.

Wir fahren eine Autostunde weiter in den Norden bis Khatgal, einem 3000- Seelen Ort, direkt am See gelegen. Obwohl das Dorf an Chuschir auf Olchon erinnert, versprüht es weitaus mehr Charme. Umgeben von grüner Wald- und Hügellandschaft, im Hintergrund hohe Berge am Westufer des Sees und grasende Yaks auf den umliegenden Feldern strahlt Khatgal Ruhe und Gelassenheit aus. Eine lange Strasse führt bis zum Bootsanleger, wo täglich ein kleiner Markt stattfindet. Khuushuurs (fettgebackene, gefüllte Pfannkuchen), geräucherter Fisch, Blaubeeren und Yakmilchprodukte sind hier ebenso zu erwerben, wie handgemachter Schmuck und Souvenirs.

Ein guter Reiseführer gehört ins Gepäck

Ein guter Reiseführer im Gepäck ist für uns unerlässlich. Dabei liegen uns gar nicht so sehr die Unterkunfts- oder Restaurantempfehlungen am Herzen. Vielmehr nutzen wir unseren Reiseführer, um mehr über Land und Leute zu erfahren und uns eine erste und manchmal auch zweite Orientierung zu verschaffen.

Unsere Wahl für die Mongolei ist der Lonely Planet Reiseführer, der viele Fotos, Hintergrundinformationen und hilfreiche Tipps für die Mongolei bietet.

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Das Mongol Ujin Guesthouse/ Tourist Camp

Auf die Empfehlung anderer Reisender hin haben wir uns für die erste Nacht in Khatgal im Mongol Ujin Guesthouse/ Tourist Camp eingemietet. Eine weise Entscheidung, wie wir schon bei der Ankunft in Mörön merken. Dava, die fliessend Englisch sprechende Besitzerin, holt uns gemeinsam mit ihrem Mann Maja am Busbahnhof ab. Sie entpuppt sich schnell als unglaublich liebenswürdige, um ihre Gäste wahnsinnig bemühte Gastgeberin, in deren Ger- Camp wir uns schnell heimisch fühlen.

„Ger“ ist übrigens die eigentlich richtige, mongolische Bezeichnung für die „Jurte“, wobei dieses von uns so geläufig genutzte Wort ursprünglich aus dem Türkischen stammt und soviel wie „Heim“ bedeutet.
Abendliche Lagerfeuer gehören ebenso zum familiären Rahmen des Camps, wie die Erfüllung kleiner und größerer Wünsche der Gäste. Ich brauche ein frisches T-Shirt, Dava wäscht es für mich. Ich habe „Magen“, also bekomme ich einen hausgemachten, warmen Wodka vor dem Schlafengehen- zur Besserung. Dava sorgt sich um alle Gäste und möchte, dass es auch wirklich allen gut geht. Dabei ist sie trotzdem Geschäftsfrau.

Aufgewachsen ist sie in UB, hat viele Jahre als Tourguide gearbeitet und ist herumgekommen, hat in London gelebt und ist schließlich in Khatgal heimisch geworden. Mit Maja, der hierher stammt, und ihren drei Kindern lebt sie seit nunmehr fünf Jahren an diesem abgelegenen Fleckchen und strahlt pures Glück aus, wenn sie aus ihrem Leben und von ihren Zukunftsplänen berichtet.

Der Reitunterricht

Von Unterricht kann nicht wirklich die Rede sein. Wir möchten gerne noch weiter in den Norden reisen, an einen Ort, der nur mit dem Pferd zu erreichen ist. Kein schlechtes Ziel, wenn man bedenkt, dass Stephan und ich noch nie wirklich geritten sind. Daher muss zumindest eine Reitstunde zur Probe her. Chuko, ein lustiger und stets lachender Mongole, setzt uns auf die Pferde. Nach rechts, nach links, das Stopp und „tschuuu“ (los geht´s) wird uns kurz erklärt, Dava übersetzt. Wir reiten los. Es läuft…

Ein unerwartet, großartiger Ausflug

Die Probestunde entwickelt sich zu einem grandiosen Ausflug in die nähere Umgebung Khatgals. Eine hügelige, saftig grüne Flusslandschaft schlängelt sich vor einem herrlichen Bergpanorama im Sonnenschein. Wir traben ein Stündchen glückselig, aber auch angestrengt vor uns hin.

Ziel des kleinen Ausritts ist das Ger einer mongolischen Familie, wo wir pausieren, um dann wiederum ein Stündchen zurück ins Camp zu reiten. Typischerweise gibt es in dem Ger Yakmilch für die Gäste. Aber diesmal toppt die Offerte alles was wir bisher erlebt haben. Es gibt das leckerste und frischeste Brot seit wir Deutschland verlassen haben. Dazu Yakkäse (die Konsistenz eines Parmesans) und Yakjoghurt. Alles selbst produziert. Yaks gehören zur Familie der Rinder und sind hier typische Nutztiere.

Die wichtigsten Regeln beim Besuch eines Gers

Es gibt Regeln, die es einzuhalten gilt, wenn man ein mongolisches Ger betritt. Diese zollen von Respekt und Höflichkeit den Gastgebern und der Kultur gegenüber.

  1. Der Gast setzt sich nach links innerhalb des Gers. Geradeaus ist Seite der Geister, rechts die Küche.
  2. Beim Eintreten in das Ger soll jeder darauf achten, sich nicht den Kopf an den immer niedrigen Türrahmen zu stossen. Es würde ein schlechtes Omen auslösen.
  3. Die angebotene Yakmilch muss mit der rechten Hand in Empfang genommen werden und ist in jedem Fall wenigstens zu testen. Zum Trinken darf die Schüssel in beiden Händen getragen werden und darf nach einem Probierschluck weggestellt werden.
  4. In der Mitte des Gers sind zwei Stützstreben. Es gilt, hier nicht zwischen zu stehen oder durchzugehen. Man geht drumherum.

Die Zweifel

So unerwartet und wunderbar dieser kleine Ausflug auf dem Pferd ist, so sehr haut er uns um. Wir haben Respekt vor den Tieren, fühlen uns aber insgesamt in gutem Einklang mit ihnen, ohne Angst vor den Geschöpfen zu haben. Aber, das große Aber kommt natürlich! Reiten ist extrem anstrengend, das haben wir nicht erwartet. Wir sind platt. Vollkommen erschöpft. Klagen. Uns tut jeder Muskel weh. Wir gehen erstmal schlafen (um fünf Uhr am Nachmittag wohlgemerkt!).

 Die Zweifel nagen an uns. Ist es wirklich eine gute Entscheidung einen Trip mit dem Pferd zu unternehmen? Hierbei, so wird uns vorausgesagt, sitzen wir mindestens sechs Stunden im Sattel. Jeweils einen Tag für den Hin- und einen Tag für den Rückweg. Es wird sich zeigen…

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6 Kommentare

Volker 22. August 2016 - 6:37 pm

Hallo Edith,Hallo Stephan,
Lese sporadisch eure ersten Bericht und muss gestehen ich beneide euch.
Der Baikal steht als Motorradtour auch noch auf meiner To-Do Liste.
Wünsche euch weiterhin alles gute und verbleibe mit Grüßen aus Köln
Volker

Antworten
Meike 24. August 2016 - 3:24 pm

Juhuu, dann kannst du ja gleich die Reitsstunden von K. D. übernehmen, wenn du wieder da bist!

Antworten
Meike 24. August 2016 - 3:35 pm

Es hat geklappt!! Meine beiden Kollegen meinten, dass ICH gesperrt bin, um Kommentare zu schreiben. So beginnt also der erste Arbeitstag… das kann ja heiter werden!

Antworten
Fischer roberto 20. Juni 2017 - 3:41 pm

Hallo
Bin gerade durch Zufall auf euren Bericht gestoßen

Wir haben von morgen nach khatgal zu fahren
Auch wir wollen mit dem Bus reisen
Habt ihr ev Kontaktdaten von Dava oder wisst ihr wie wir sie erreichen können
Eine Unterkunft haben wir derzeit leider noch nicht dort

Herrliche Grüße aus dem derzeit auch verregneten Ulanbator 🙂
R.fischer

Antworten
Stephan 20. Juni 2017 - 5:46 pm

Hey,

die E-mail-Adresse lautet khangainujin@gmail.com, alternativ falls ihr eine Sim-Karte habt die Telefonnummer: (976)99061921
Wenn ihr euch vorher dort meldet, dann kommt sie euch in Mörön abholen. Der Besuch bei Dava lohnt sich in jedem Fall!!! Bestellt mal schöne Grüße von Edith und Stephan, gut möglich, dass sie sich noch erinnert. Wir waren im August 2016 da.

Antworten
Stephan 20. Juni 2017 - 5:48 pm

Sehe gerade, auf Facebook gibt es sie auch und siehe da, bin sogar auf dem Titelfoto, der Typ in der Mitte mit dem grünen Pullover. Sie wird sich erinnern 🙂
https://www.facebook.com/MongolUjincamp/?fref=ts

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