Oh Tannenbaum! – Si Phan Don oder die 4000 Inseln im Mekong

von Edith

Da läutet das Glöckchen am Heiligabend

Es ist später Nachmittag, aber die Sonne knallt, trotz einer zarten Wolkenschicht, gnadenlos vom Himmel. Wir besteigen ein gelb- schwarz gestreiftes Langboot. Man könnte meinen Janoschs Tigerenten- Hype wäre wieder aufgelebt. Ein schlichtes Dach schütz vor der Hitze des Tages, während wir uns auf den niedrigen Brettern niederlassen, die als Sitzgelegenheiten dienen. Mit einem fast zahnlosen Lächeln im Gesicht beobachtet uns der Kapitän vom Heck der Jolle aus, als wir das erste Bier, pünktlich zum Glöckchen- Läuten an Heiligen Abend, aus der Kühlbox zaubern und „Oh, Tannenbaum“ anstimmen.

Si Phan Don oder die 4000 Inseln im Mekong

Soweit das Auge reicht erblicke ich Wasser und eine saftige, grüne Baum- und Pflanzenwelt. Hier und da sind Siedlungen am Ufer auszumachen, wo die Menschen zum kollektiven Waschen zusammenkommen. Wir schippern durch die zerklüfteten Wasserwege des Mekong im tiefen Süden von Laos, nahe der kambodschanischen Grenze. Der Fluss erreicht hier eine Breite von bis zu 14 Kilometern und splittet sich in unzählige, einzelne Läufe, aus deren Wellen hunderte kleiner Inseln, die Si Phan Don oder die 4000 Inseln, empor ragen.

Im schönsten Abendlicht schlängeln wir langsam durch diese atemberaubende Wasser- und Inselwelt und erleben zum Höhepunkt einen traumhaften Sonnenuntergang. Wenn wir uns uns schon nichts zu Weihnachten schenken, so wird dieser Ausflug für uns zu einem phänomenalen Präsent der Natur, passend zur Bescherung.

Amélias erste Flussfahrt

Wir sind auf Don Khon, einer der 4000 Inseln im Mekong. Und Amélia ist unverhofft mit von der Partie. Eigentlich möchten wir bei der Anreise in Nakasang am Festland einen sicheren Unterstellplatz für das Motorrad finden, weil der Transport auf die Insel, nach Pablos Aussage (unserem spanischen Verkäufer von Amélia), ziemlich teuer ist. Als wir aber den Hafen erreichen, stellen wir fest, dass uns die Überfahrt mit dem Bike und uns selbst gerade mal knapp fünf Euro kostet. Grund genug eine abenteurliche Flussfahrt auf einem „Katamaran“ bis Don Det zu unternehmen und von dort über eine alte französische Brücke auf die Nachbarinsel Don Khon zu fahren.

Für die Brücke verlangen die einheimischen Kassierer eine Nutzungsgebühr, die sie als unumgehbar erklären, weil diese auch den Eintritt zum Wasserfall beinhaltet. Alles Blödsinn, denn am Somphamit- Wasserfall gibt es einen eigenen Ticketschalter, der, im Gegensatz zur Brückenmaut- Stelle, eine offizielle Berechtigung hat.

Urlaub von der Reise auf den 4000 Inseln

Wir sind mit Ilona und Florian unterwegs und haben Urlaub. Urlaub von der Reise. Liegen in unseren Hängematten, blicken auf den Mekong, schlürfen frische Fruchtshakes, spielen Karten, Lachen und lassen die Seele baumeln. Es fühlt sich an, als wären wir am Meer. Die Atmosphäre der Si Phan Don oder der 4000 Inseln, was schlicht die Übersetzung der laotischen Umschreibung ist, und die gesamte Umgebung lassen keinen anderen Eindruck zu. Es ist ein kleiner Traum. Doch neben dem stetigen Müßiggang aktivieren wir ein ums andere Mal unsere müden Glieder, unternehmen lange Spaziergänge und erkunden die Insel. Ilona und Florian möchten zudem verständlicherweise auch die Insel- Sehenswürdigkeiten erkunden, die wir bereits kennen. Wobei ich beim Anblick von Florian in seiner Hängematte da manchmal nicht so sicher bin, ob möchten der richtige Ausdruck ist:).

Ein zerplatzter Traum

Im Westen der Insel prescht das Wasser des Mekongs durch die Felsstufen des Somphamit Wasserfalls in eine tiefe Schlucht. Eine Naturgegebenheit, die neben dem Khon Phapheng- Wasserfall nahe der Grenze zu Kambodscha, den Mekong in dieser Region unschiffbar werden lässt. Mit dieser Erkenntnis platzte vor mehr als 150 Jahren der französische Traum, hier einen Handelsweg zwischen China und dem Südchinesischen Meer zu etablieren. Überbleibsel aus der französischen Kolonialzeit aber sind auf dem Eiland dennoch zu finden. Nicht zuletzt Teile des eigens für den Warentransport installierten Eisenbahnverkehrs, derer sich die Europäer bedienten, um die mit den Schiffen unüberwindbaren Passagen des Flusses zu umgehen.

Don Khons Natur geniessen

Don Khon aber bietet mehr. Wir könnten stundenlang durch die Reisfelder spazieren und das Geschehen rund um das Dorf Ban Sentho beobachten, dass im Gegensatz zu den beiden Nachbarorten Ban Khoun und Ban Houa Khon touristisch noch weitesgehend unangetastet ist. Für Besucher dient es bisher wohl eher als Durchgangsort, um zum Khon Pa Soi- Wasserfall im Osten der Insel zu gelangen.

Dieser ist auf jeden Fall auch einen Ausflug wert. Der treppenförmige Wasserlauf stellt für die Fischer eine Herausforderung bei ihrer täglichen Arbeit dar. Wie in einem Kletterparadies kraxeln die knapp bekleideten Männer kurz vor Sonnenuntergang von Stein zu Stein, um ihren Fang den Tiefen der Stromschnellen zu entwinden.

Zwischen charmantem Travellerdorf und Party Hotspot

Die staubige Hauptstrasse durch die ineinander übergehenden Ortsteile von Ban Khoun und Ban Houa Khon ist von Gästehäusern und Restaurants gesäumt. Der charmanten, immer noch dörflichen und entspannten Atmosphäre tut dies aber keinen Abbruch. Mit Sonnenaufgang erwacht das Leben, ganz klassisch ziehen die wenigen Mönche zum Almosengang durch die Strasse und mit Einbruch der Dunkelheit neigt sich der Tag gewohnt dem Ende, die ersten Restaurants und Läden schliessen früh.

Wer mehr Aufregung und Party sucht, den zieht es auf die Nachbarinsel Don Det. Während viele der Unterkünfte auf dem Eiland weitesgehend ruhig liegen, spielt sich an der Nordspitze das Backpacker- und Partyleben bei Happy Shakes und Space Cakes ab.

Da schluckt der Florian auf

In der Hoffnung, einen Weihnachtsabend in einer größeren, geselligen Runde zu verleben, suchen wir mit Ilona und Flo zum Abendessen die Partymeile auf. Bestätigt durch die verschiedensten Aussagen anderer Reisender stellen wir fest, dass, trotz Hochsaison, in diesem Jahr wenig los zu sein scheint auf den 4000 Inseln. Der Abend aber wird dennoch ein amüsantes Fest. Gemeinsam mit einem einheimischen Kellner und einer Gruppe junger Backpacker aus Frankreich und den Niederlanden ereifern wir uns beim Kickerspielen.

Florian versucht sich dadurch mühsam abzulenken, denn seit dem Essen quält ihn ein unaufhörlicher Schluckauf. Jeglichen Verdrängunsmechanismen und allen weisen Ratschlägen zum Trotz, nistet sich das Dauerhicksen für den Abend ein. Und so erleben wir Herrn D. erst am nächsten Morgen wieder ganz entspannt.

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