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Rückkehr aufs Festland zum Otres Beach
Noch fünf Tage. Dann läuft unser Visum für Kambodscha aus. Es ist Montag und wir reisen von Koh Rong zurück in die Küstenstadt Sihanoukville. Hier werden wir unser Visum über eine Agentur verlängern lassen, um dann zum Tonle Sap aufzubrechen. Die Wartezeit bis unsere Pässe zurückkommen, möchten wir am ruhigeren Otres Beach überbrücken, knapp 7 km entfernt vom Tourirummel des unschönen Hauptortes. Schon mit Ina und Florian haben wir hier in einer hübschen Gartenanlage im Hinterland gewohnt, wo Hippies und Aussteiger in einer netten, kleinen Siedlung die Atmosphäre prägen.
Einmal Burger mit Pediküre, bitte!
Der nahe Otres Beach selbst ist aber eher unspektakulär. Ein langer, schmaler und etwas trostlos wirkender Strandstreifen, der an weite Flächen Brachland grenzt. Nur die beiden Bauabschnitte Otres I und Otres II an den jeweiligen Enden des Strandes dienen als reine Hotel- und Gastronomieflächen und erinnern an Sihanoukville. Krebsrote Ausländer lassen sich dicht an dicht auf den Liegen am Wasser brutzeln, während mobile Fusspflegerinnen sie pediküren. Der letzte Schliff am Fussnagel, während der Urlauber in der knallen Mittagssonne herzhaft seinen Burger verschlingt, runden das insgesamt eher abstossende Bild hier ab.
Kein Mucks mehr von Amélia
Gleich nach unserer Ankunft auf dem Festland schauen wir nach Amélia, die immer noch brav in der Motorradpension am Hafen von Sihanoukville steht, in der wir sie vor unserem Inseltrip untergebracht haben. Trotz der faulen Urlaubstage, die auch sie hinter sich hat, springt sie problemlos an. Das ist nicht unbedingt zu erwarten, denn Amélia braucht morgens immer etwas länger, um wach zu werden, aber das kenn ich ja auch von Stephan :). Wir beladen und steuern den Otres Beach an. Nur wenige Meter vor der Unterkunft müssen wir noch einmal kurz anhalten. Eine fatale Entscheidung, denn jetzt kann von Anlaufschwierigkeiten nicht mehr die Rede sein. Amélia tut keinen Mucks mehr.
Eine Achterbahnfahrt der Gefühle
Die nächste Werkstatt ist nicht weit, aber unsere Stimmung sinkt in den nächsten Minuten auf den Gefrierpunkt. Das spontane Bauchgefühl an diesem Nachmittag sagt: Amélia verkaufen und raus aus Kambodscha! Aber wir wollen uns zu keiner Kurzschlussreaktion hinreissen lassen. Und dennoch ist der Werkstattaufenthalt Amélias der Auslöser, all unsere Entscheidungen der letzten Tage in Frage zu stellen und längst verworfene Ideen wieder in unser Bewusstsein zurückzuholen. Wir diskutieren und streiten, unsere Gefühle und Stimmungen fahren Achterbahn.
Entscheiden können wir ohnehin nichts, bevor wir wissen, welche Krankheit Amélia hat, wie lange es dauert bis sie wieder fit ist, ob sie überhaupt wieder fahrtüchtig wird und wieviel Geld wir am Ende in ihre Genesung stecken müssen. Dann aber haben wir eigentlich alle Freiheiten zu entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen wir das Land verlassen möchten.
Tausend und eine Frage
Genau, alle Freiheiten und somit alle Möglichkeiten stehen uns offen. Tausend und eine Frage kommen uns in den Sinn. Lassen wir das Visum wie geplant über eine Agentur verlängern oder fahren wir doch selbst zur Immigrationsbehörde nach Phnom Penh. Das Motorrad könnte aber auch hier in Sihanoukville parken und wir machen uns zu einem Visa- Run nach Thailand auf. Aber kehren wir dann postwendend um oder bleiben wir erstmal zwei Wochen auf den thailändischen Inseln, bevor wir mit neuem Visum nach Kambodscha zurückzukehren? Oder dem Bauchgefühl folgen und Amélia doch verkaufen? Nur wie, in der kurzen Zeit? GGGGRRRRRRR!!!
Endlich eine Entscheidung
Tief durchatmen! Sortieren, sondieren, dem Gefühl folgen. Amélias Reparatur kostet uns ein kleines Vermögen, der Zylinder muss gewechselt werden. Es ist Mittwoch. Noch drei Tage und wir haben immer noch keine Entscheidung getroffen. Zumal wir, würden wir Amélia verkaufen wollen, auch erstmal in der Kürze der Zeit einen Käufer finden müssen, der einen angemessenen Preis zahlt. Aber, wie aus dem Hut gezaubert, entdecken wir gleich ums Eck am Otres Beach einen Händler, der uns das Angebot macht, Amélia zu kaufen, sollten wir auf dem freien Markt bis zum Freitag Abend keinen adäquaten Abnehmer finden.
Eine ziemlich verlockende Alternative, da uns der Mann natürlich einen niedrigen, aber trotzdem sehr fairen Händlerpreis anbietet, der kein allzu grosses Loch in unsere Reisekasse reissen würde. Eine Alternative, die es uns ermöglicht, endlich eine Entscheidung zu treffen. Das spontane Bauchgefühl setzt sich durch: Wir verkaufen das Motorrad, so oder so, und reisen am Samstag definitiv nach Thailand aus.
Eine neue Liebe
Eine Entscheidung, die uns aus dem Strudel der Achterbahnfahrt zurück in den geregelten, gradlinigen Verkehrsfluss führt und uns erstmal in Aktionismus verfallen lässt. Als der Verkaufstext steht, schalten wir eine Anzeige auf khmeradz.com und treten auf Facebook der Gruppe „Sihanoukville Buy and Sell“ bei, drucken Flyer und verteilen diese an den Laternenpfählen im Stadtgebiet.
Und wie so oft hätten wir uns stundenlange Diskussionen ersparen können. Denn weniger als 24 Stunden später sitzen wir mit Jiji und Thomas auf unserer Terrasse. Die beiden Franzosen reisen extra aus Kampot an, um Amélia zu begutachten. Jijis ganzer Stolz ist Amélias kleine Schwester, eine Honda Win, die ganz getreu Amélia einen roten Stern auf dem Bauch trägt. Für Thomas ist es Liebe auf den ersten Blick, eine Spazierfahrt mit Amélia bestätigt ihn nur darin, sie vom Fleck weg mitzunehmen. Und so beglückwünschen wir uns gegenseitig zum Kauf bzw. Verkauf unseres Babys. Der Preis ist ziemlich gut, die Händlerfrage damit erledigt. Sorgt gut für unser Baby und habt viel Spass zusammen. Ade Amélia! Ade Kambodscha!
Eine Lobhudelei
Ein weinendes und ein lachendes Auge gehen einher mit dieser Entscheidung. Wir freuen uns riesig auf Thailand. Aber wir blicken auch auf 4000 km mit Amélia zurück, quer durch Laos und Kambodscha, mehr als zwei Monate in völliger Unabhängigkeit mit Höhen und Tiefen. Nie möchten wir diese Erfahrung missen. Und immer wieder würden wir die Entscheidung zu Gunsten eines eigenen Gefährtes treffen. Pflege, Pannen, Zeit und Nerven, Reparaturen und Kosten gehören dazu. Aber die Freiheit und die Erfahrungen, die wir durch diese Art des Reisens gewonnen haben, ist jede dieser Investition wert gewesen. Ein absolutes Highlight unserer Reise!
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1 Kommentar
Ja, mit dem Moped oder Amelia duch die Welt, ein ganz tolles und einmaliges Erleben.
Mehr von solchen Abenteuern wünschen wir euch ! Ulrich und Renate