Wer essen will, muss auch mal töten – Die mongolische Küche

von Edith

Die mongolische Küche

Der Mongolei eilt in Sachen traditionelles Essen ein für den westlichen Gaumen doch sehr verpönter Ruf voraus. Fleisch- und fetthaltig. Nun, wir können diese Vorurteile leider nicht wirklich widerlegen. Tatsächlich aber gibt es durchaus leckere Gerichte wie Shölte khool (selbstgemachte Pastastreifen mit Hammel und Kartoffeln angebraten), Chuuschuur (gefüllte, fettgebackene Pfannkuchen) oder Buuds (gedünstete und gefüllte Klöße). Aber wie bei allen Gerichten in der Mongolei fragt sich der deutsche Filetesser in uns, wo eigentlich das vermeintlich gute Fleisch bleibt. Denn, um auf das Vorurteil zurückzukommen, fast ausnahmslos alle Gerichte sind von Fett und eben Fleisch dominiert. Und dabei stossen wir in der Regel auf jene Stücke der Tiere (meist Hammel, manchmal Schaf), die fett- und knorpellastig sind.

Das Barbecue

Wie zuvor versprochen, lädt unsere Camp- Besitzerin Dava, unsere Reisetruppe, Justin, Liam, Stephan und mich nach dem Tsaatan- Trip zum mongolischen BBQ ein. Ein junger Südkoreaner nimmt ebenfalls teil. Die mongolische Küche ist traditionell mit einem großen Wok ausgestattet, in dem über dem Feuer im Ofen gekocht wird. Das Barbecue wird mit Kartoffeln, Weißkohl, Zwiebeln und Karotten in eben jenem Wok zusammen mit heissen Steinen geschichtet. Deckel drauf, 30- 40 Minuten aufs Feuer, fertig. Dazu gibts Brot, Salat und Reis. Nicht zu vergessen, den von uns Gästen beigetragenen Wodka, der an diesem Abend in Mengen fliesst.

Das Essen (oder soll ich besser sagen die Beilagen?) ist wirklich eine Delikatesse in Sachen mongolische Küche. Das Fleisch, Hammel, ist natürlich fettig, noch dazu zäh. Aber, so lassen wir uns von Dava erklären, die Einheimischen bevorzugen zähes Fleisch, weil man so lange daran kauen kann. Über Geschmäcker lässt sich eben nicht streiten.

Ein Einblick ins Nomadenleben

Zwei Tage später holt Bolor uns mit den Pferden ab und reitet mit uns zu ihrer Familie, eine knappe Stunde vom Dorf entfernt. In dem Ger, nah am Fluss auf einer weiten Wiese, lebt sie mit Tuyo, ihrem Mann, der Schwiegermutter, Baatar, und drei Töchtern zwischen 18 und 20 Jahren.

Uka, die Jüngste und Baatar sind zuhause, während sich Tuyo nach einer kurzen Begrüßung nach UB aufmacht. Die beiden Schwestern lernen wir nicht kennen. Und so erleben wir einen arbeitsreichen Tag im Leben dieser drei Frauen. Eine große Schafs- und Ziegenherde muss ebenso wie die Yaks und Rinder, die sich im Besitz der Familie befinden, versorgt werden. Außerdem scheint die Familie weitere Pferde ihr Eigen zu nennen, die aber während unseres Besuchs nicht erscheinen. Uka scheint vornehmlich dafür zuständig zu sein, die Yak- Herde mit dem Pferd morgens und abends aus- bzw. einzutreiben. Gemolken werden die Yaks und einige Kühe früh morgens und am Abend, wenn die Herde in die Melkgatter zurückgekehrt ist.

Wir möchten helfen, aber am Melken scheitern wir. Die Geschwindigkeit mit der die drei hierfür in traditionelle Gewänder gehüllte Damen ihre Yaks mit der Hand anzapfen ist erstaunlich. Aufgrund der Vielzahl der Tiere, sind sie zu beiden Zeiten aber mindestens eine Stunde beschäftigt- bei jeder Wetterlage. Sicher ist, dass der Standort nicht windgeschützt ist und es in der Region regelmäßig regnet. An den nahenden Winter und den Schnee mag ich gar nicht denken.

Harte Arbeit

Baatar sieht mit ihren 64 Jahren deutlich älter, was sicher dem harten Leben hier draussen zur Last gelegt werden kann. Sie scheint für die Verarbeitung der täglich gewonnenen Yakmilch zuständig zu sein. Neben der warmen Milch, die als Hauptgetränk dient, gewinnt sie leckeres Yoghurt, frische Rahmbutter und Hartkäse hieraus.

Für die mongolische Küche sind dies sehr typische Produkte, die bei den Nomaden in der Regel den Gästen angeboten werden. Wir sind nicht hierher gekommen, um der Familie bei der Arbeit zuzuschauen, sondern möchten helfen. Umso dankbarer sind wir, als uns Arbeitsaufträge zuteilt werden. Das Areal um den Ger- Standplatz herum muss von einem Teppich aus Schafs- und Ziegenkötteln gesäubert werden. Ich ziehe meinen Hut an dieser Stelle vor allen EU- Freiwilligen, FSJlern, Kollegen und Kindern, die regelmäßig den Ziegenstall in der TG Bornheim ausmisten oder ausmisten mussten. Zugegeben, dort gibt es nur zwei, hier sind es bestimmt um die hundert Ziegen und Schafe. Wir schlagen uns knapp zwei Stunden erfolgreich im Zusammentragen und Wegbringen der Exkremente bis Bolor mitteilt, es würde nun reichen.

Warum hier eine solche Menge aus frischen und trockenen Fäkalien der Tiere liegt, erschließt sich uns erst am Abend, als die beiden Herden von selbst zum Ger zurückkommen. Dort, wo wir gerade alles gereinigt haben, verbringen die Tiere die Nacht- und scheissen alles wieder voll.

Andere mongolische Delikatessen

Außerdem darf ich den Damen beim Kochen helfen, zumindest bei der Vorbereitung. Bolor
ruft mich zu sich, bittet mich ihr und dem Schneidebrett gegenüber auf dem Boden Platz zu nehmen und drückt mir ein Hackebeil in die Hand. Neben ihr liegt ein großer Jutesack aus dem sie unaufhörlich Schafsfleisch zieht, das zerkleinert werden soll. Von Fleisch kann hier aber nicht wirklich die Rede sein. Die Konsistenz der undefinierbaren, vorrangig weissen Körperteile, variiert zwischen frischen Pilzen, Walnüssen, vertrocknetem Knoblauch oder Kohl und abgeblätterter Hornhaut. Gespickt ist das ganze mit knochigen Stücken, die mich an holzige Spargelenden oder harte Rüben erinnert. Ich schneide fleissig und lächelnd, während Stephan und ich uns ausmalen, dass dieser große Topf mit Fett, Knorpel und Abfallprodukten (aus unserer Sicht) wohl zu unserem Abendessen werden könnte.

Wir haben ja schon Einiges über die mongolische Küche gehört. Aber wir haben Glück. Der Fetttopf wird zur Seite gestellt. Stattdessen gibt es Shölte khool , für dessen Zubereitung ich den Teig vorbacken und die Pastastreifen zuschneiden darf. Natürlich kommt auch hier Fleisch hinein. Ich sehe die unförmigen Stücke nur von Weitem, genauer mag ich mir das auch nicht angucken, und schlucke sie bei der Mahlzeit einfach runter.

Ein frisch geschlachtetes Schaf

Einen Tag zuvor habe ich Stephan gegenüber mein Interesse geäußert, dass ich einmal bei einer Schlachtung dabei sein möchte. Aus meiner Sicht ein lange überfälliges MUSS als Fleischesserin. Mein Wunsch wird erhört, als wir zurück ins Camp kommen. Gerade aus der Dusche heraus, renne ich nur mit dem Handtuch umwickelt nach draussen, wo Stephan zur Eile ruft. Und tatsächlich, zwei Schafe werden geschlachtet, die es am Nachmittag zu einem gemeinsamen BBQ geben soll. Anders als erwartet töten die Männer die Tiere nicht durch einen Kehlenschnitt. Sie setzen einen Schnitt vom Herzen bis zum Bauch. Dann greift einer der Männer in den Bauchraum hinein bis zur Herzgegend und drückt dort eine der wichtigen Arterien ab bis das Schaf kurz darauf stirbt. Eine, wie wir lernen, weitaus schnellere Methode, die Tiere zu töten.

Und wie soll es anders sein, das Tier wird quasi komplett genutzt. Obwohl wir immer wieder hören, dass auch der Schafskopf mitgegessen wird, spart Dava zumindest diesen zur Zubereitung aus. Was jedoch sehr traditionell für die mongolische Küche zu sein scheint, ist das Kochen der Innereien, die Dava ihre interessierten Gäste dann auch probieren lässt. Unser Bedarf daran ist gering, wir stossen erst zum BBQ dazu. Die Zubereitung gleicht der unseres letzten Grillevents. Diesmal wird jedoch soviel Fleisch in den Wok hinein gepresst, dass nur noch einige Kartoffeln mit hineinpassen. Es gibt Brot und Kiloweise Fleisch. Obwohl wirklich alles mitgegart wird, finden wir ein paar wirklich leckere Stücke und können sagen, dass dies wohl das frischeste Fleisch gewesen ist, was wir je gegessen haben.

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