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Der Zufall spielt uns zu – Ein Schafe scheren in Australien folgt
Eigentlich kehren wir ja gerade den etwas bevölkerten Bergregionen des Grampians Nationalpark den Rücken zu. Über einen fast autofreien, menschenleeren Highway steuern wir den westlichen, viel ruhigeren Part des Gebirgszugs an. An uns vorüber zieht eine flache, von Feldern gesäumte Landschaft. Doch der Zufall spielt uns zu. Und plötzlich befinden wir uns in einem kleinen Abenteuer wieder. Ausgelöst durch einen aufgeregten und noch dazu lebendigen Verkehrsstrom, der unsere ganze Aufmerksamkeit fordert. Dass dieser Begegnung zu einem ausgiebigen Schafe scheren führt, lassen wir uns zu diesem Zeitpunkt noch nicht träumen.
Propere Wollknäuel versperren uns den Weg
Etwas verschreckt von unserer Anwesenheit stolpern die properen Wollknäuel entlang der Strasse. Dicke Locken zieren die Körper der Merinoschafe, die ihr Besitzer gerade eintreibt. Seine Frau regelt währenddessen den Verkehr, wenn man das auf dieser kaum befahrenen Strasse überhaupt so nennen darf. Wir sind die Einzigen, die warten müssen bis alle Schafe das Hofgatter passieren. Unsere Neugier ist der freundlichen Dame offenbar nicht entgangen. Nach kurzer Rücksprache mit ihrem Mann offeriert sie uns einen äussert spannenden Einblick auf ihrer Schaffarm.
Ein Mehr-Generationen-Business
Was mit einem Schwätzchen über die Schafe, die Farm und über das Reisen beginnt, endet mit einer Einladung zu einem gemütlichen Kaffeetrinken. Nur wenige hundert Meter von ihrer Schaffarm entfernt liegt das Haus von Greg und Jan, dass sie bereits seit 1976 bewohnen. Seit Mitte des 19.Jh. liegt die Schaffarm bereits in Familienbesitz und zählt mit neugeborenen Lämmern bis zu 4000 Schafe. Schon Greg´s Grossvater mütterlicherseits verdient sein Geld mit der wertvollen Wolle der Merinoschafe.
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort – Eine Einladung zum Schafe scheren
Während der ungezwungenen und spannenden Plauderei mit den beiden liebenswürdigen, reisefreudigen Australiern zieht die Zeit wie im Flug an uns vorbei. Doch wir sind nicht zum letzten Mal hier. Das Glück lässt uns nicht im Stich. Wir sind zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Denn morgen endet das diesjährige Schafe scheren. Jedenfalls auf der Schaffarm von Greg und Jan. Für uns bedeutet es, die einmalige Chance zu nutzen, beim Schafe scheren in Australien in ganz privater Runde dabei sein zu dürfen. Doch damit nicht genug. Dabei sein ist nicht alles. Selber Hand anlegen hingegen ein bemerkenswerter Selbstversuch. Eine nicht zu unterschätzende körperliche Herausforderung, wie wir am folgenden Tag erfahren.
Hoch auf dem holprigen Wagen
Ein Schafscherer und ein Wollklassifizierer sind für diesen Tag engagiert. Beide helfen schon seit vielen Jahren beim Schafe scheren auf dem Hof und sind in ausgelassener Stimmung, als wir am kommenden Morgen die Farm erreichen. Doch bevor wir den vergnügten Männer bei der Arbeit über die Schulter sehen, erreicht uns das lockende Angebot Greg zum Füttern seiner Schafe zu begleiten. Das erste Abenteuer dieses Morgens.
Zwischen Unmengen von Arbeitsmaterialen auf der Pritsche seines Wagens schafft er kurzerhand Platz für uns. Den Futterwagen im Schlepptau beginnt eine holprige Runde über die Weiden und Wiesen, die sich in etlichen Hektar rings um die Farm herum ziehen. Ein grasreiches Paradies für Schafe. Lediglich wenige trockene Wochen im Jahr muss Greg Proteine zu füttern. Dann reicht das Gras nicht aus. Während der Futterwagen sich langsam über die Wiese bewegt, hinterlässt er eine lange Spur von Leckereien, der die Merinoschafe treu hinterher trotten.
Amüsante Stunden beim Schafe Scheren
Sehr zufrieden mit dem Beginn des Tages, betreten wir neugierig die grosse Halle, in der das Schafe scheren bereits in vollem Gange ist. Hier stehen uns noch einige spannende und darüber hinaus höchst amüsante Stunden mit den beiden grundsympathischen Zeitgenossen Dave und Bryan beim Schafe scheren bevor. Während Dave, ein Hüne, den Knochenjob des Scherers inne hat, prüft der smarte Bryan die Lockenpracht der Merinoschafe nach Qualität, trennt und presst sie zum Abtransport. Wir beobachten, stellen tausend Fragen und bekommen eine kleine Einführung in die Schafschur- und Wollkunde.
Ein gewagter Selbstversuch beim Schafe scheren in Australien
Und dann sind wir dran. Dave erklärt, was zu beachten ist. Aber wir sollen uns mal bloss keine Sorgen machen. Schliesslich gäbe es auch kleine, zierliche Schafschererinnen, die diesen Job mit grossem Talent ausüben würden. Und auch diese würden den Kraftakt bewältigen. Gut. Dann leg ich mal los. Und schon klemmt das nächste Schaf zwischen meinen Knien.
Mühevoll, vor allem aber in Sorge, ich könnte dem Tier etwas brechen, wage ich mich an die Arbeit. Was Schafscherer in Sekunden leisten, braucht bei mir etwas mehr Zeit. Dave stutzt hier und dort noch einmal nach. Doch schliesslich präsentiere ich stolz ein mehr oder weniger passables Ergebnis. Zögerlich und zugleich tollkühn stellt sich nun auch Stephan seiner Herausforderung. Geschickt bewegt er den Rasierer über die grobe Haut des Schafes und erzielt fürs erste Mal ein durchaus hübsch geschorenes Schaf. Da dürfen wir uns auch mal auf die Schulter klopfen.
Ein sorgenvoller Blick in die Zukunft
Bis zu 10000kg Wolle produzieren die Tiere im Jahr, jedes einzelne Schaf etwa 4-5kg. Abhängig von der Qualität schwankt auch der Preis für die Erträge. Doch der zusätzliche Verkauf von Schafen, so erzählt Greg uns, erzielt ein Einkommen, von dem eine einzige Familie gut leben kann.
Mehr bedarf es momentan auch nicht. Denn die drei Kinder von Greg und Jan sind längst ausgeflogen. Während ihre Töchter verheiratet in anderen Regionen des Landes leben, bleibt der Sohn mit seiner Familie zunächst auf der Farm. Doch auch er entscheidet sich schliesslich für einen anderen Lebensunterhalt und macht sich in der Nähe selbstständig. Die Frage um eine Nachfolge für die Farm ist durchaus berechtigt, doch offenkundig mit grosser Sorge verbunden. Während Greg, selbst bereits an die 70 Jahre alt (jedoch äusserst vital) erzählt, sehen wir ihm deutlich an, wie sehr ihn dieses Thema berührt. Er würde diese Farm niemals verkaufen, sagt er, mit Wasser in den Augen. Die Hoffnung in seine Enkelkinder bleibt. Wenn jemand dies nach seinem Tod über den verkauf entscheidet, dann sei es so. Doch er selbst würde es definitiv nicht tun.
Begegnungen, die das Reisen so besonders machen
Uns berührt vor allem die Offenheit, Gastfreundlichkeit und Herzlichkeit mit der Greg und Jan uns aufnehmen und einladen.Wir sind dankbar und froh, die Beiden kennenlernen zu dürfen. Freuen uns riesig, dieses ganz private Schafe scheren in Australien erleben zu können und darüber hinaus kurzzeitig einen Hauch von Farmleben zu spüren. Für uns ist dieses Erlebnis mal wieder ein Beweis, dass nicht die grossen Attraktionen eine Reise besonders machen. Es sind vielmehr die Begegnungen mit den Menschen und die kleinen, manchmal alltäglichen Momente, die wir mit ihnen teilen.
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2 Kommentare
Oh, ich würde so gerne mal nach Australien und bei so etwas mitmachen! Das ist mal alles andere als eine touristische Erfahrung. Eben, so wie du sagst, Begegnungen, die das Reisen so besonders machen.
Super geschrieben!
Alles Gute,
Claudia von https://thatsmeonline.net
Danke, liebe Claudia!
Vielleicht ist Work and Travel ja für Dich oder andere Menschen eine Option, so etwas zu machen. Ich glaube, die klassischen Jobs auf den beliebten Reiserouten sind schnellvergriffen. Aber dort, wo wir unterwegs waren, gab es kaum junge, ausländische Traveller. Und, dass auf den vielen Schaffarmen saisonal gute Arbeitshände benötigt werden, zweifel ich nicht an.